Erfahrungen ehemaliger Zeugen Jehovas:

Andreas


Als ehemaliger Zeuge Jehovas kann ich bestätigen, dass innerhalb der Zeugen-Gemeinde eine ausgeprägte Leistungskultur stark gefördert und unkritisches Hinnehmen aller Glaubenslehren gefordert wird. Es wird zwar immer wieder betont, wie wichtig die Beschäftigung mit der Bibel und dem Glauben sei, aber die Geborgenheit in der Gemeinde und in dem vermittelten Glaubensgebäude steht und fällt mit dem Einsatz für die Wachtturm-Gesellschaft (Dachorganisation der ZJ, USA). Durch die Schriften der WTG, die man jede Woche intensiv zu lesen hat, wird der Einzelne dahingehend beeinflusst, dass er glaubt, sich sein Seelenheil durch den Einsatz für die WTG verdienen zu können und zu müssen. Ein wirklicher Bezug zum Glauben als Sicherheit im Leben kann also gar nicht entstehen, da das System der WTG von der Verunsicherung ihrer Anhänger lebt.


Die Leistungskontrollen per „Berichtszettel“ für das Absetzen der Literatur und die ständigen „Ermunterungen“, wie man noch mehr Zeit für die WTG aufbringen könne, prägen auch das Zusammenleben in der Gemeinde. Wieviel Zeit man für die WTG aufbringen kann, bestimmt den Grad des Ansehens bei den Glaubensgenossen maßgeblich mit. Angesehen ist, wer möglichst WTG-konform lebt.


Stellen sich persönliche Konflikte mit der Glaubenslehre der ZJ ein, kann man über viele Themen einfach nicht offen reden, auch wenn es einem sehr wichtig wäre. Wer Kritik an der WTG und ihren Lehren äußert, oder es damit einfach nicht so genau nimmt, gilt rasch als „schwach im Glauben“ oder „nicht geistig gesinnt“. Wenn man mit seiner Kritik andere in der Versammlung „ansteckt“, ist das bereits eine ernste Sache, die meist zu einer Anhörung durch die Ältesten vor Ort führt. Lässt man dann von seinen Standpunkten nicht ab, wird man als „Abtrünniger“ ausgeschlossen. Das bedeutet auch den Abbruch fast aller Kontakte, denn die Zeugen Jehovas werden streng ermahnt, keinen Umgang mehr mit einem solchen Abtrünnigen zu haben. Hält sich jemand nicht daran, läuft auch er Gefahr, selbst ausgeschlossen zu werden.


Die Struktur der ZJ ist im Grunde totalitär und duldet keine Freiheit des Denkens.


Verfasser ist Mitglied von AUSSTIEG.